Ausgetauschte Schlösser und "aufgeregte" Behörden

Mannheimer Morgen, 2.6.07
Von unserem Redaktionsmitglied Simon Scherrenbacher
Obwohl schon lange kein Wasser mehr darin herum schwappt, schlagen die Wogen im Alten Hallenbad wieder einmal hoch. Das UnterwegsTheater, das die Räume weiternutzen will, fühlt sich von der Stadt benachteiligt. Das Rathaus bevorzuge Investor Hans-Jörg Kraus, der eine Markthalle in dem Jugendstil-Gebäude plant.
Alles begann im September 2006: „Wir wurden damals vom Liegenschaftsamt aufgefordert, Herrn Kraus einen Schlüssel zu geben“, berichtet Bernhard Fauser, der zusammen mit Jai Gonzales das UnterwegsTheater leitet. Am 28. Dezember habe dieser eine Kopie erhalten. Im Januar sei dann in die Proben für die Sommerproduktion in Peru die Nachricht geplatzt, dass Baubürgermeister Raban von der Malsburg die Schlösser habe auswechseln lassen. „Wir haben versucht, Herrn von der Malsburg per E-Mail zu erreichen“, erzählt Fauser. „Aber er hat nicht reagiert.“
Von der Malsburg begründet den Schritt damit, dass das UnterwegsTheater offenbar eigenmächtig Nachschlüssel an Mitarbeiter verteilt habe. Kraus, dessen Konzept Oberbürgermeister Eckart Würzner unterstütze, habe keinen Zugang mehr zum Gebäude, bekomme ihn aber auf Anfrage.
Das legt ein Mietvertrag fest, den das Theater Ende März unterschrieb. Einer weiteren Klausel zufolge muss das Ensemble zum 10. November wieder auszuziehen. Baurechts- und Liegenschaftsamt hätten dagegen noch im November vergangenen Jahres – bevor Würzner die Nachfolge von Beate Weber antrat – eine Nutzung über zwei Jahre in Aussicht gestellt, sagt Fauser.
Am 3. Mai kam das Thema in den Gemeinderat. „Die Stadt wollte Herrn Kraus das Alte Hallenbad ohne Ausschreibung für 508 000 Euro verkaufen“, erinnert sich FDP-Fraktionsvorsitzende Annette Trabold, die sich für das UnterwegsTheater stark macht. „Der Gemeinderat hat dann die Bremse gezogen.“ Das Gremium forderte eine öffentliche Ausschreibung. Hans-Jörg Kraus kommentiert den Vorgang nur mit „typisch Heidelberg“: Erst würde sich der Gemeinderat beschweren, dass jahrelang nichts passiere, und wenn etwas passiere, gehe es allen zu schnell.
Fünf Tage später sei es vor dem Alten Hallenbad schließlich zu einem „aufgeregten Ämterauflauf“ gekommen, so Fauser. Die Behörden störten sich an der Nutzung des Hofes, die nicht im Mietvertrag steht: „Wir haben da drei Lampen aufgestellt“, relativiert Fauser. Obwohl vor der Türe nur ein „Bänkchen“ stehe, unterstelle die Stadt eine ungenehmigte Außenbewirtschaftung, ärgert sich Annette Trabold. Von der Malsburg spricht von einem „Missverständnis“: „Inzwischen ist Ruhe eingekehrt.“
Eine gemeinsame Nutzung mit dem UnterwegsTheater, das sich auf die Ausschreibung auch bewerben will, kann sich Kraus nicht vorstellen. Gute Chancen rechnet sich Fauser alleine nicht aus: „Das Verfahren ist wettbewerbsverzerrend.“ Laut von der Malsburg liegen noch keine Bewerbungen vor, die Frist endet am 15. Juni.
Die Stadt wisse nicht zu schätzen, was es am UnterwegsTheater besitze, findet FDP-Frau Annette Trabold. Im nächsten Jahr stehe das 20. Jubiläum an. Doch wenn nicht bald ein dauerhafter Unterschlupf gefunden würde, gerate die Spielstättenförderung durch das Land in Gefahr.
Mannheimer Morgen
02. Juni 2007

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